E-Wohnmobile: Stand der Dinge bei Elektro-Reisemobilen
In Zeiten des Klimawandels ist E-Mobilität in aller Munde, da ist es kein Wunder, wenn sich auch im Wohnmobilmarkt etwas tut. Allerdings ist es noch ein sehr zartes Pflänzchen, das sich da regt. Eigentlich gibt es im Moment nur ein E-Wohnmobil, das als Prototyp auf Messen vorgestellt wurde und auf dem Markt bestellbar ist: der Iridium von WOF. Alle anderen E-Wohnmobile sind Einzelanfertigungen, Studien wie die von Dethleffs oder VW oder hauptsächlich im Computer stattfindende Planspiele wie der kleine eBussy.
- 1. Iridium: E-Wohnmobilität in der Realität
- 2. Dethleffs E-Wohnmobilstudie: Das E-Wohnmobil zu Ende gedacht
- 3. Weitere Studien und Konzepte in Sachen E-Wohnmobilität
- 3.1. VW ID.BUZZ
- 3.2. eBussy von Electric Brands
- 3.3. E-Wohnmobil auf Basis des Semi-Trucks von Tesla
- 3.4. e-Fixxter von Camperfixx und VDL Bus Venlo
- 4. Werden E-Wohnmobile dem Diesel-Wohnmobil den Garaus machen?
- 5. Fazit: Ökologisch unterwegs mit dem E-Wohnmobil
Iridium: E-Wohnmobilität in der Realität
Neben verschiedenen umgebauten Einzelstücken ist der Iridium von WOF derzeit das einzige bestellbare E-Wohnmobil. Es beruht auf einem Ducato-Fahrgestell, das vom Umrüstungsspezialisten EFA-S mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet worden ist. EFA-S hat schon einige hundert Fahrzeuge für den Paketdienstleister UPS auf E-Antrieb umgestellt. Es ist also erprobte Technik, die im Iridium zum Einsatz kommt.
Zwei Varianten bietet der Hersteller an, eine mit 86 kW/h Batterieleistung und ca. 300 Kilometer Reichweite und eine mit 108 kW/h und ca. 400 Kilometer Reichweite. Laden ist an der Haushaltssteckdose möglich, wobei man dafür 30 Stunden einplanen muss. An Schnellladepunkten mit 50 kW sind etwa zweieinhalb Stunden notwendig, wenn man von ganz leer auf ganz voll laden will. Der Aufbau ist ein übliches, teilintegriertes Wohnmobil mit vier Schlafplätzen, Küche, Kühlschrank und Dusche/Toilette.Zwei kleine Wermutströpfchen gibt es beim Erwerb des Iridium: Das Fahrzeug ist aufgrund der schweren, unterflur verbauten Akkupakete leer 3,6 Tonnen schwer und kann bis zu 4,2 Tonnen beladen werden. Es ist also mit einem "normalen" Autoführerschein der Klasse B nicht zu fahren. Ältere, deren Führerschein bis 7,5 Tonnen gilt, haben damit kein Problem. Das Andere Tröpfchen ist der Preis: Die kleine Version liegt bei um die 160.000 Euro, die große bei 200.000. Dazu kommen noch etwaige Sonderwünsche bei der Ausstattung. Das ist schon ein satter Preis für das Gefühl, emissionsfrei in den Urlaub fahren zu können.
Dethleffs E-Wohnmobilstudie: Das E-Wohnmobil zu Ende gedacht
Das bereits 2017 als Studie vorgestellte E-Wohnmobil von Dethleffs ist nicht nur elektrisch mobil, es ist auch ein fahrendes Kraftwerk. 31 Quadratmeter Dünnschichtsolarzellen sind auf dem Fahrzeug angebracht. Das bringt ca. 3000 Watt Ladeleistung. Damit lässt sich bei längeren Standzeiten in jedem Fall die elektrische Leistung aufbringen, die zum Wohnen im Fahrzeug benötigt wird.
Denn das ist die andere Seite der Konzeptstudie, das Fahrzeug hat keine wohnmobilübliche Gasanlage. Alle Verbraucher wie Kühlschrank, Kocher, Boiler und Heizung werden elektrisch betrieben. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h schafft der Teilintegrierte auf Iveco Daily-Basis eine Reichweite von 200 Kilometer mit einem 3x76 Ah Batteriepack aus Natrium-Nickelchlorid-Batterien. Da es sich um eine Studie handelt schweigen sich die Isnyer Wohnmobilbauer über einen möglichen Preis bisher aus.
Weitere Studien und Konzepte in Sachen E-Wohnmobilität
Konzepte und Studien zur E-Wohnmobilität gibt es viele. Ein kleines E-Wohnmobil auf Basis des Elektro Van e-NV200 von Nissan ist in Spanien sogar schon als Prototyp vorgestellt worden, konnte sich aber am Markt nicht durchsetzen und ist in Deutschland nicht erhältlich. Hier einige interessante Studien und Planungen:
VW ID.BUZZ
Von VW ist für 2022 geplant, den alten Bulli als E-Mobil unter dem Namen ID.BUZZ wiederauferstehen zu lassen. Außer der äußeren Form wird er aber nichts mit dem alten Buli gemeinsam haben. Der elektrische Bulli ist kleiner als der alte und VW legt beim ID.Buzz vor allem Wert auf digitale Funktionen. So sind alle Schalter aus dem Cockpit verbannt und die Funktionen werden über ein Touchpad am Lenkrad gesteuert. Eigentlich ist Touchpad am Lenkrad der falsche Ausdruck: Das Lenkrad ist ein einziges, großes, nahezu rechteckiges Touchpad, das die völlig neu entwickelte Lenkung mit minimalen Lenkbewegungen dirigiert.
Es gibt noch keinen Prototypen des Fahrzeugs und über Preise ist noch nichts bekannt, außer dass die Grundversion, also ohne Wohnmobilausbau, unter 40.000 Euro kosten soll.
eBussy von Electric Brands
Ein winzig kleines, aber umso vielfältigeres E-Leichtfahrzeug ist der eBussy. Auch der nimmt optisch Anleihen beim VW-Bulli auf, ist aber viel kleiner und sehr leicht. Das Fahrzeug soll modular aufgebaut sein und in verschiedenen Versionen auf den Markt kommen, unter denen auch eine Wohnmobilausstattung ist.
Die verschiedenen Module sollen einfach gewechselt werden können, so dass das Fahrzeug als Kastenwagen, als PKW, als Pritschenwagen oder eben als kleines Wohnmobil eingesetzt werden kann. Die Außenmaße von 3,60 Meter Länge und 1,60 Meter Breite machen klar, dass hier kein riesiges Wohnmobil zu erwarten ist, sondern ein kleines, variables Fahrzeug, in dem man auch übernachten kann. Die Firma Electric Brands hat bisher E-Roller im Programm und will mit dem eBussy ein ehrgeiziges Programm starten.
Auch wenn das Fahrzeug sehr klein ist verblüffen die geplanten Preise. So soll das Fahrzeug mit Wohnmobilmodul noch unter 30.000 Euro kosten und bei einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h eine Reichweite von 600 Kilometern erreichen. Man darf gespannt sein, ob und wie die Umsetzung gelingt.
E-Wohnmobil auf Basis des Semi-Trucks von Tesla
Der Semi-Truck von Tesla ist ein Sattelschlepper mit Elektroantrieb, den Tesla-Chef Elon Musk schon für das Jahr 2019 angekündigt hatte. Weil die Batterien, die den Vierzigtonner mit Energie versorgen sollen, bisher noch gar nicht in Serie gebaut werden, ist der Starttermin immer weiter verschoben worden und im Moment gibt es dazu keine konkrete Aussage.
Trotzdem hat die Designfirma Vanlifer aus London bereits eine Studie für eine Wohnmobilumsetzung vorgestellt. Der Truck, der auf jeden Fall nur mit LKW-Führerschein zu fahren sein wird, soll sechs Schlafplätze und einen großzügigen Wohnbereich bekommen. Über Preise wird nicht gesprochen, aber da der Truck allein schon je nach Stärke des Batteriepacks zwischen 130.000 und 170.000 Euro kosten soll, kann man sich den Preis für ein Wohnmobil auf dieser Basis ganz gut vorstellen ...
e-Fixxter von Camperfixx und VDL Bus Venlo
Auf Basis der Kleintransporter Peugeot Expert, Opel Vivaro, Citroën Jumpy oder Toyota Proace, die technisch baugleich sind, planen die niederländische VDL Bus Venlo und der Campingausbauspezialist Camperfixx aus Friesland ein E-Wohnmobil. Das Fahrzeug soll in einer Vier- und einer Fünfpersonen-Variante auf den Markt kommen. Das Batteriepaket soll eine Reichweite von ca. 330 Kilometer ermöglichen und bei entsprechender Ladekapazität in einer halben Stunde auf 80 Prozent aufgeladen werden können.
Ein Hubdach mit Bett, ein 135 Zentimeter breites Bett im Innenraum, Küche, Kühlschrank und ein separates Fach für ein Porta Potti sind in der Wohnmobilausrüstung des E-Wohnmobils vorgesehen. Das Fahrzeug ist für 2021 angekündigt, aber über Preise ist noch nichts bekannt.
Werden E-Wohnmobile dem Diesel-Wohnmobil den Garaus machen?
Selbst wenn das irgendwann so sein wird, ist es sicher noch lange hin, bis die E-Mobilität im Wohnmobilbereich zum Standard wird. Ladeinfrastruktur und Ladekapazität mit Ökostrom – sonst macht die E-Mobilität ja ökologisch keinen Sinn – sind außer in Norwegen noch lange nicht so weit, dass man in Europa ohne Bedenken mit einem E-Fahrzeug auf Wohnmobiltour gehen kann.
Die meisten Fahrzeuge sind noch im Studienzustand, oft existiert noch nicht einmal ein Prototyp. Wo es den gibt und ein Fahrzeug bestellbar ist, liegen die Preise bislang als Nischenprodukt in astronomischen Höhen. Es sind also noch viele Schritte zu gehen bis zur Konkurrenzfähigkeit der E-Mobilität im Wohnmobilbereich. So wird noch einige Zeit ins Land gehen, bevor die Diesel-Wohnmobile von sauberen E-Fahrzeugen abgelöst werden können.Fazit: Ökologisch unterwegs mit dem E-Wohnmobil
Wohnmobilfahrer sind oft naturverbunden und deswegen auch an einer ökologischen Fortbewegungsweise interessiert. Zudem kann sich die wachsende Gemeinde der E-Autofahrer kaum mehr vorstellen, zu den Verbrennern zurückzukehren – auch nicht als Wohnmobil. Schon dadurch, aber auch durch den Druck der Politik und der Öffentlichkeit in Zeiten des Klimawandels, wird sich an der Antriebstechnik von Wohnmobilen in der Zukunft etwas verändern. Ob sich tatsächlich rein elektrische Wohnmobile durchsetzen, ob Hybridlösungen eine Zukunft haben, ob saubere, synthetische Kraftstoffe oder gar Wasserstoff doch noch für die Mobilität nutzbar gemacht werden, das steht derzeit in den Sternen.
Wer sich jetzt schon als Pionier als E-Wohnmobilist betätigen will, hat dazu bei entsprechender Liquidität Möglichkeiten. Es sind ja nun auch schon einige E-Kastenwagen auf dem Markt, die man sich bei einem spezialisierten Anbieter natürlich zum individuellen E-Wohnmobil ausbauen lassen kann. Wer sich traut: gute E-Fahrt!
FAQ
Die häufigsten Fragen zum Ratgeber 'E-Wohnmobile: Stand der Dinge bei Elektro-Reisemobilen'
- Was kostet ein E-Wohnmobil?
Aktuell gibt es nicht viele Modelle, die käuflich erworben werden können. Das Iridium-Wohnmobil mit der Bela P69 Basis liegt preislich bei 169.000 Euro.
- Welcher Antrieb wird sich im Bereich der Wohnmobile durchsetzen?
Bisher ist noch nicht absehbar, ob sich bei Wohnmobilen der E-Motor mit Akku, Brennstoffzellen (Wasserstoff), Hybridmotoren oder gar synthetische Kraftstoffe durchsetzen werden.
- Sind Wohnmobile vom Diesel-Fahrverbot betroffen?
Ja, auch Wohnmobile zählen zu den Fahrzeugen, bei denen das Diesel-Fahrverbot greift. Da es zum Dieselmotor aktuell noch keine alltagstaugliche Alternative gibt, wird man sich als Wohnmobilist noch länger mit dem Thema beschäftigen müssen.
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