Fahrzeugwaage

Was ist die Masse in fahrbereitem Zustand?

Viele denken, der Stauplatz sei der limitierende Faktor beim Campen. Das stimmt nicht: Nicht alles, was reinpasst, darf auch mitgenommen werden. Das Gewicht spielt eine wichtige Rolle. Entscheidend ist die „Masse in fahrbereitem Zustand“. Wir zeigen dir, was das ist und welche Dinge zu beachten sind.

Warum ist das Gewicht wichtig?

Polizeikontrolle

Kastenwagen sind Fahrzeuge für Kuriere und Handwerker. Dafür wurden sie ursprünglich entwickelt. Sie verfügen vom Grunde her über ein möglichst geringes (und damit wirtschaftliches) Leergewicht und eine hohe Zuladung. Das ist auch perfekt für Wohnmobile.

Nur schleppt ein Wohnmobil schon von Anfang an viel an Ausstattung mit sich herum. Die einstmals üppige Zuladung verringert sich im gleichen Maße, wie Wohnmöbel und technische Zusatzausstattungen ihren Weg in das Fahrzeug finden.

Auswirkungen auf das Fahrverhalten

Wenn man an das gewichtstechnische Limit geht, führt das zu instabilem Fahrverhalten, einem längeren Bremsweg sowie Fading bei Bergfahrten. Damit haben Kastenwagen schon von Haus aus einen längeren Bremsweg als Pkw.

Längerer Bremsweg

Der ADAC hat einen Test durchgeführt, bei dem die verschiedenen Fahrzeugkonzepte vom Pkw bis hin zum Lkw miteinander verglichen wurden. Getestet wurde jeweils mit der höchst zulässigen Gesamtmasse. Ein Kleintransporter und ein Wohnmobil kommen demnach bei 80 km/h nach 28 beziehungsweise knapp 30 Metern zum Stehen. Bei einem Pkw sind es lediglich 22 Meter Bremsweg.

Verlängert sich der Bremsweg pauschal bei höherem Gewicht?

Jein! Bei der üblichen Komfortbremsung, also dem sanften Abbremsen ohne blockierende Räder, muss man mit mehr Bremsdruck arbeiten, um das Fahrzeug rechtzeitig vor der Ampel zum Stehen zu bringen.

Etwas anders ist die Sache bei einer Notbremsung. Bringt man die Räder durch einen heftigen Tritt auf das Bremspedal zum Blockieren – bzw. zur Aktivierung des Anti-Blockier-Systems (ABS) – spielt der Haftungswiderstand der Reifen die wesentliche Rolle.

Achslast

Aber das Gewicht bei einem Wohnmobil, bzw. Kastenwagen ist nicht nur beim Bremsen wichtig. Die meisten dieser Fahrzeuge sind Fronttriebler. Je schwerer es im Heck wird, umso weniger Anpressdruck hat die Vorderachse. Das Problem kennt jeder, der mit einem vollbeladenen Wohnmobil auf einer feuchten Stellplatzwiese losfahren möchte. Aber auch beim Aquaplaning auf der Autobahn oder bei der nächsten Kurve einer Passstraße wird ein Wohnmobil schon allein deswegen anfangen, zu „schwimmen“, weil das Heck voller Equipment steckt.

Was ist die „Masse in fahrbereitem Zustand“?

Bei der „Masse in fahrbereitem Zustand“ handelt es sich nicht um eine dehnbare Auslegung, sondern um eine möglichst realistische Berechnung dessen, was ein Kraftfahrzeug tatsächlich auf die Waage bringt. Sie wurde von Amts wegen exakt definiert. Laut „EU-Verordnung 1230/2012“ handelt es sich um das Leergewicht eines betriebsbereiten Fahrzeugs PLUS einem zu 90 Prozent gefüllten Kraftstofftanks und einem voll aufgefüllten Vorrat an Wasser und Gas. Hinzu kommen noch: Bordwerkzeug, Ersatzrad oder Reifenfüllset.

Konkret heißt es in der Verordnung:
“„Masse in fahrbereitem Zustand“ bezeichnet [...] bei einem Kraftfahrzeug: “Masse des Fahrzeugs mit dem (den) zu mindestens 90 % seines (ihres) Fassungsvermögens gefüllten Kraftstofftank(s), zuzüglich der Masse des Fahrers, des Kraftstoffs und der Flüssigkeiten, ausgestattet mit der Standardausrüstung gemäß den Herstellerangaben sowie, sofern vorhanden, der Masse des Aufbaus, des Führerhauses, der Anhängevorrichtung und des Ersatzrads/der Ersatzräder sowie des Werkzeugs [...].”
Quelle: EU-Verordnung 1230/2012

Beim Fahrer wird ein Gewicht von 75 kg angenommen. Je nachdem, wie sehr das bei dir nach oben oder unten abweicht, musst du es auch bei der Gewichtsberechnung einfließen lassen.

Wie hoch ist die mögliche Zuladung?

Wer nun vom zulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeugs (in der Regel sind das 3,3 oder 3,5 Tonnen) diese „Masse in fahrbereitem Zustand“ abzieht, der bekommt einen Wert dafür, wie viel man in das Fahrzeug noch einladen darf.

Die Formel lautet: Zulässiges Gesamtgewicht - Masse in fahrbereitem Zustand = Mögliche Zuladung

Problem bei der Masse im fahrbereiten Zustand

Jeder Hersteller bestimmt die „Masse in fahrbereitem Zustand“ – jedoch immer nur pauschal für ein Modell. Es wird nicht jedes einzelne Fahrzeug im Werk auf die Waage gestellt, sondern einmal zu Beginn ein Referenzmodell gewogen und dieser Wert wird dann für alle Kastenwagen dieser Serie angenommen. Dieses Gewicht ist dann im Fahrzeugschein eingetragen. Leider „trifft“ damit jedoch kaum ein Hersteller mit dieser Angabe das tatsächliche Gewicht für die individuellen Fahrzeuge. Das Gewicht liegt meist über den Angaben. Die Hersteller behalten sich eine Fehlertoleranz vor. Das liegt an den schwankenden Gewichten, je nach Ausstattungsvariante oder dem verarbeiteten Material.

Sowohl die Schwankungen zwischen Herstellerangaben und tatsächlichem Gewicht wie auch die Tatsache, dass Wohnmobile teilweise schon ab Werk gewichtstechnisch ausgereizt sind, macht die Angelegenheit trickreich für den Besitzer und Führer des Autos. Er trägt nämlich persönlich die Verantwortung dafür, dass die Gesamtmasse tatsächlich eingehalten wird. Es zählt jedes Gramm; jede mitgeführte Person (und ihr tatsächliches Gewicht), jede Getränkekiste, Fahrrad, Vorzelt, Campingkocher oder das (vielfach unterschätzte) Gewicht von Kleidung & Co.

Hohes Gewicht bringt hohe Strafen mit sich: Eigenverantwortung des Fahrers

Die Bußgelder und Strafen sind teilweise üppig. In Italien liegt es im Ermessen des Beamten, wie hoch er die Buße berechnet. Sie kann bis zu 1.700 Euro reichen – zahlbar sofort vor Ort. In Frankreich darf der Fahrzeugführer bei einer Überschreitung von mehr als fünf Prozent nicht weiterfahren – eine Geldbuße droht auch hier. Gerade in Luxemburg wird es besonders kriminell. Hier kann der Fahrzeughalter mit bis zu 5.000 Euro belangt und sogar von mindestens acht Tagen bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden.

Wohnmobile haben eine geringe Toleranz zwischen dem, was sie von Haus aus wiegen und dem, was sie insgesamt wiegen dürfen. Wenn dann noch mehrere Personen miteinander in den Urlaub fahren, ist das Maß schnell voll. Das weiß auch die Polizei. Deshalb überprüft sie häufig das Gewicht entlang der Urlaubsrouten.

Gefährliches Gewicht: Zusatzausstattungen und vermeintliche Kleinigkeiten

Zuladung des Wohnmobils

Zur im Fahrzeugschein eingetragenen „Masse in fahrbereitem Zustand“ zählen ausdrücklich nicht weitere Zusatzausstattungen, die jedoch regelmäßig ein Wohnmobil für seine Nutzer erst gebrauchsfertig machen. Eine Markise schlägt schnell mit rund fünfzig Kilogramm zu Buche. Eine SAT-Anlage wiegt immerhin knapp zwanzig Kilogramm. Eine Fotovoltaik-Anlage ist ebenso circa fünfzehn bis zwanzig Kilogramm schwer.

Ob Zusatzbatterien für mehr Autarkie oder größere Räder für mehr Bodenfreiheit – das Gewicht des gesamten Fahrzeugs muss dabei im Auge behalten werden. Fahrzeughersteller haben allerdings diese zusätzlichen Gewichte im Blick. Es ist somit sicherer, einen Hersteller oder Händler damit zu beauftragen, die zusätzlichen Ausstattungen gleich „ab Werk“ und Neukauf montieren zu lassen. Damit hat man auch einen Ansprechpartner, falls es doch mal knapp werden sollte oder sich die Wünsche des Kunden mit den technischen Limits nicht vereinbaren lassen.

Tipps zur Gewichtsersparnis

Auch wer grundsätzlich keine Probleme mit dem zulässigen Gesamtgewicht im Vergleich zur Masse in fahrbereitem Zustand hat, sollte die folgenden Tipps beherzigen:

Gewicht sparen im Wohnmobil:
  • Einen vollen Wassertank braucht kaum jemand. Auch wenn es zur Berechnung der Masse in fahrbereitem Zustand mitgezählt wird, kann man hier ordentlich Gewicht sparen, wenn es statt einhundert Litern lediglich zwanzig sind. Das reicht für Klospülung und Händewaschen auf der Fahrt.
  • Einmal volltanken bitte? Das muss nicht unbedingt sein. Es reicht, wenn man so viel Sprit im Tank hat, wie man für eine Tagesetappe benötigt. Ein dichtes Tankstellennetz – zumindest in Europa – macht es möglich, bedarfsgerecht zu tanken.
  • Ebenso bietet sich Potenzial für Gewichtsersparnis durch Lithiumbatterien im Vergleich zu den herkömmlich verbauten AGM-Bleibatterien. Allein dadurch kommen schon insgesamt 30 Kilo Ersparnis zusammen, wenn man die Fahrzeug- und Aufbaubatterien mit moderner Technik ausrüstet. Eine höhere Ladekapazität und Lebensdauer sind damit auch verbunden.
  • Ebenso deutlich leichter sind Alu-Gasflaschen statt der üblichen Stahl-Gasflaschen.
  • Modulare Ausstattungen bieten ebenso Vorteile. Ausstattungen wie SAT-Anlage oder Fotovoltaik-Anlagen lassen sich auch in Varianten ohne festen Einbau kaufen. Natürlich zählt das Gewicht bei der Mitnahme, aber es gibt sicher auch Fahrten und Urlaube, wo man dieses Equipment nicht benötigt. Dann ist es gut und sparsam in der Garage aufgehoben.
  • Ebenso wichtig, aber wohl selbstverständlich: Abwasser ablassen vor Fahrtbeginn.

Zuletzt noch eine häufig gestellte Frage:

Was ist besser – Anhängerkupplung mit entsprechendem Fahrradgepäckträger oder Fahrradgepäckträger an der Hecktür?

Eine Anhängerkupplung wiegt allein schon gut zwanzig Kilogramm. Wer nur Fahrräder damit transportieren will, sollte darauf verzichten. Allerdings: Dann müssen die Fahrräder nicht in die Höhe gestemmt werden. Ein Komfortgewinn.

Camper mit Fahrradträger

Wie stellt man das tatsächliche Gewicht fest?

LKW Waage bei einer Baustofffirma

Wer sich nicht sicher ist, ob er tatsächlich und auf jeden Fall innerhalb der Toleranz ist, der wiegt das beladene Wohnmobil am besten vor dem Fahrtantritt in den Urlaub. Und zwar mitsamt aller mitreisender Personen.

Um das Gewicht zu ermitteln, kann man sich selbst Fahrzeugwaagen kaufen. Diese sind kompakt und müssen mit jedem Reifen einmal überfahren werden, damit man das Gesamtgewicht zusammenrechnen kann.

Oder man fährt zu den heimischen Recyclinghöfen, Betonwerken oder Kiesgruben. Überall dort, wo das Gewicht von Lkws bestimmt werden kann, ist man grundsätzlich auch bereit, einen urlaubsreifen Wohnmobilisten zu vermessen. Ein Obolus für die Kaffeekasse versteht sich dabei von selbst.

Amtlich braucht man das Messergebnis auf jeden Fall nicht. Es reichen das Wissen und das beruhigende Gefühl, dass man weder andere Verkehrsteilnehmer noch das eigene Portemonnaie gefährdet.

Auflastung: Das zulässige Gesamtgewicht des Wohnmobils erhöhen

Und genau diese technischen Limits kann man noch ein Stück weit hinausschieben. Zauberwort: Auflastung! Diese Auflastungen können ohne technische Umrüstung oder durch die Aufrüstung mit stärkeren Bremsen, Stoßdämpfern und Reifen erreichen.

Warum ist die Auflastung nicht inklusive?

Warum ist das zulässige Gesamtgewicht nicht sofort so hoch angegeben worden, wenn doch eine Umtragung im Fahrzeugbrief reicht? Die Auflastung ohne technischen Umbau ist der Tatsache geschuldet, dass die Kastenwagen bis zu einem gewissen Maß schon für eine höhere Gesamtmasse ausgelegt sind. Die Hersteller jedoch nehmen diese rein papierbasierte „Ablastung“ jedoch oft vor, da das geringere Gesamtgewicht in einigen Ländern mit steuerlichen Vorteilen oder bei der Frage nach den Führerscheinklassen verbunden ist.

Technische Auflastung

Ist das Fahrzeug bauartbedingt tatsächlich schon an der Obergrenze dessen, was als zulässige Gesamtmasse technisch möglich ist, hilft nur noch eine technische Verbesserung. Bei Kastenwagen und anderen Wohnmobilen wird diese Auflastung direkt bei der Produktion vorgenommen. Das ist auch auf jeden Fall die bessere Alternative. Bestehende Fahrzeuge im Nachhinein technisch aufzulasten, ist ein komplexes und kostspieliges Vorhaben. Wer vorhat, die Auflastung vorzunehmen, sollte sich über die 3,5-Tonnen-Grenze Gedanken machen. Es sind auch Auflastungen darüber hinaus möglich. Allerdings gilt der Kastenwagen dann als Lkw. Das ist mit Tempolimits, Fahr- und Überholverboten verbunden.

Fazit

Die Spanne zwischen dem Leergewicht, der Masse im fahrbereiten Zustand und dem zulässigen Gesamtgewicht bietet Raum für Kreativität und zahlreiche Stellschrauben. Eines gilt jedoch für alle: Es gilt, die Obergrenze des Gewichts einzuhalten – ohne Wenn und Aber.

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