Während der Fahrt im Wohnmobil herumlaufen oder schlafen: Was ist erlaubt?
Für die Mitfahrer in einem Wohnmobil ist es äußerst verlockend während der Fahrt aufzustehen und nach hinten zu gehen. Ein schneller Snack aus dem Kühlschrank, ein notwendiger Toilettengang oder sogar ein Nickerchen, gemütlich ausgestreckt im Alkoven oder auf der Liegefläche. Doch neben Verwarnungsgeldern droht ernsthafte Lebensgefahr bei einem Unfall. Was du als Mitreisender in einem Wohnmobil während der Fahrt darfst oder verboten ist, damit beschäftigt sich dieser Ratgeber.
- 1. Was darf man im Wohnmobil während der Fahrt?
- 1.1. Anschnallpflicht im Wohnmobil
- 1.2. Sollte man Gurte in einem älteren Wohnmobil nachrüsten?
- 1.3. Braucht mein Kind einen Kindersitz im Wohnmobil?
- 1.4. Regelungen für Haustiere
- 2. Darf ich im Wohnmobil während der Fahrt aufstehen?
- 3. Darf ich im Wohnmobil während der Fahrt schlafen?
- 4. Auszug aus dem Bußgeldkatalog 2022
- 5. Ist der Aufenthalt in einem Wohnwagen/Caravan während der Fahrt gestattet?
- 6. Anschnallpflicht im Wohnmobil im Ausland
- 7. Fazit
Was darf man im Wohnmobil während der Fahrt?
Als Fahrer darfst du selbstverständlich nur Eines: das Fahrzeug sicher und sorgfältig bewegen. Natürlich angeschnallt. Die Pflichten eines Fahrzeuglenkers im Wohnmobil unterscheiden sich darin in keinster Weise von denen eines PKW-Chauffeurs.
Anders sieht das bei den Mitfahrern aus. Während ein Beifahrer im PKW fahrzeugbautechnisch auf seinen Beifahrersitz gezwungen ist, besteht im Wohnmobil die Möglichkeit sich loszuschnallen, aufzustehen und nach hinten zu gehen. Gute Gründe dafür gäbe es genügend, denn der komplette Hausstand zwischen Kühlschrank, Bad, Toilette und Bett stünde theoretisch auch während der Fahrt zu Verfügung.
Doch die StVO und die StVZO sehen das anders: All das ist nicht erlaubt. Aus gutem Grund. Ein nicht angeschnallter Fahrzeuginsasse wird bei einem Crash zum Flugobjekt. Was der Laie kaum glauben möchte: Schon einen Aufprall mit "nur" 20 km/h ungebremst gegen eine Wand, kann kein Mensch aus eigener Kraft mehr abbremsen, der nicht angeschnallt ist!
Ein im hinteren Teil des Wohnmobils im Bett schlafender Mitfahrer wird im Fall eines Crashs, auch bei moderaten Geschwindigkeiten, zum "ungebremsten Flugobjekt". Die Massenträgheit sorgt dafür, dass der Bemitleidenswerte vehement in Fahrtrichtung katapultiert wird und dabei mit seinem ungeschützten Körper alles aus dem Weg räumt, was seiner Flugbahn in die Quere kommt. Entsprechende Verletzungen inklusive.
Andernfalls wird er von stabilen Objekten, wie z. B. einem der Vordersitze, unbarmherzig und abrupt gestoppt. Das ist unterm Strich auch nicht gesünder. Unfallforscher wissen von vielen Fällen mit Todesfolge zu berichten, in denen nicht angeschnallte Unfallopfer ihr Fahrzeug "durch die Windschutzscheibe" verließen. Die medizinischen Folgen sind auf jeden Fall verheerend.
Um sich ein Bild dessen zu machen, was bei einem Wohnmobilcrash passiert, mögen folgende Videos als Beispiel dienen.
Anschnallpflicht im Wohnmobil
Der Gesetzgeber definiert ein Wohnmobil als ein Fahrzeug, das sich in einen vorderen Bereich mit zwei Sitzplätzen für Fahrer und Beifahrer, sowie einen hinteren Wohnbereich gliedert.
Für den vorderen Wohnmobilbereich gilt deshalb grundsätzlich der § 21a der StVO. Dieser sieht in Deutschland eine Anschnallpflicht in Fahrzeugen vor. Alle Insassen vorne im Wohnmobil müssen deshalb stets angeschnallt oder durch ein geeignetes Rückhaltesystem (evtl. Kindersitz) gesichert sein.
Das bedeutet auch, dass alle Fahrer- und Beifahrersitze in Wohnmobilen mit Dreipunktgurten ausgerüstet sein müssen. Beckengurte würden an dieser Stelle den gesetzlichen Vorgaben nicht entsprechen.
Für den hinteren Wohnmobilbereich greift die StVZO § 35a. Dabei kommen die Faktoren "Baujahr", "Zulassung" und "zulässiges Gesamtgewicht" mit ins Spiel und es gelten unterschiedliche Regelungen zur Gurtpflicht.
Gurtpflichtregelungen für den hinteren WohnmobilbereichZulassung ab 10/1999 | Gesamtgewicht bis 2,5 t | Dreipunktgurte auch an den hinteren Sitzen vorgeschrieben |
Zulassung ab 10/1999 | Gesamtgewicht über 2,5 t | Beckengurte an den hinteren Sitzplätzen genügen |
Zulassung vor 1992 | -/ - | Bei Ausstattung ohne Gurte muss auch keine Anschnallpflicht beachtet werden. Es gibt auch keine Vorschrift zur Nachrüstung. |
Sollte man Gurte in einem älteren Wohnmobil nachrüsten?
Die obenstehende Tabelle zeigt, dass bei einer Wohnmobilausstattung ohne Gurte auch keine Anschnallpflicht beachtet werden muss. Das betrifft einige Wohnmobile der Oldie-Klasse. Es gibt auch keine Vorschrift zur Nachrüstung von Sicherheitsgurten nach dem heute gültigen Recht. Diese Regelung ist vergleichbar mit der für PKW-Oldtimer entsprechenden Alters, die ebenfalls über keine Sicherheitsgurte oder Kopfstützen verfügen müssen.
Besteht allerdings die Möglichkeit nicht vorhandene Gurte in alten Wohnmobilen nachzurüsten, raten wir, dies aus Sicherheitsgründen auch zu tun.
Der erste Schritt hierbei wäre sich bei TÜV, DEKRA oder einer anderen Prüfgesellschaft schlau zu machen und sich umfassend über die gesetzlichen Vorschriften sowie über die technischen Möglichkeiten einer Nachrüstung zu informieren.
Einfach einen Gurt vom "Schrottplatz" oder "aus dem Internet" in Eigenregie einzubauen genügt nämlich nicht. Der Gesetzgeber spricht von "bauartgenehmigten Gurten" und deren Einbau muss von TÜV & Co. zugelassen werden.
Auch der ursprüngliche Wohnmobilhersteller könnte mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Braucht mein Kind einen Kindersitz im Wohnmobil?
Wer in seinem Reisemobil mit kleinen und kleineren Kindern unterwegs ist, der benötigt einen passenden Kindersitz, denn die Anschnallpflicht gilt auch für Kinder. Die für Erwachsene zugeschnittenen Gurte passen allerdings nicht für die kleinen Kinderkörper.
Deshalb gilt: Kinder bis 12 Jahre oder kleiner als 1,5 m dürfen auch im Wohnmobil nicht ohne Kindersitz oder eine geeignete Rückhaltevorrichtung (Maxi-Cosi u. Ä.) mitfahren.
Passende Sitze für Kinder
Sitze im Wohnmobil, die nur mit Beckengurt ausgestattet sind, sind damit von vornherein als Sitzplatz für Kinder ausgeschlossen, da bei Beckengurten die Montage eines Kindersitzes bei den meisten Kindersitzmodellen nicht möglich ist.
Eine Ausnahme ergibt sich dann, wenn die vorwärts gerichteten Sitze bereits durch den Fahrer und der Beifahrersitz durch einen Kindersitz belegt sind. Dann dürfte im Notfall auch ein seitlicher oder rückwärts gerichteter Sitz als Sitzplatz für ein Kind verwendet werden. Die Anschnallpflicht besteht aber auch dort. Für Kinder ab 3 Jahren würde ausnahmsweise auch das Anschnallen nur mit einem Sicherheitsgurt den gesetzlichen Vorgaben gerecht werden.
Beschäftigung für Kinder
- Kinder verreisen grundsätzlich gerne in einem Wohnmobil, denn dies bedeutet Abenteuer gemeinsam mit Mama und Papa zu erleben. Doch der große Feind der Kinder auf der oft hunderte Kilometer langen An- und Abreise heißt Langeweile.
- Erfahrene Eltern wissen um ein auf ihr(e) Kind(er) zugeschnittenes Beschäftigungsprogramm zwischen digitalem Medienkonsum und "Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst-Spielchen". Dem Bewegungsdrang der Kleinen begegnet man mit häufigen Stopps und entsprechenden Bewegungsspielen während dieser.
- Nicht wenige Kinder leiden auch unter Reisekrankheit. Das ist nichts anderes als die "Seekrankheit" bei Schifffahrten auf rauen Gewässern. Der Kinderarzt weiß Rat und hilft etwa mit dem (Kinder-)Kaugummi "Superpep", der in den meisten Fällen hilft.
Regelungen für Haustiere
Haustiere unterliegen keiner Gurtpflicht im Wohnmobil. Sie gelten vor dem Gesetz als "Ladung" und müssen lediglich entsprechend gesichert sein. Vierbeiner dürfen deshalb im Womo während der Fahrt nicht frei herumlaufen oder ungesichert "unter dem Tisch" liegen. Hund und Katze gehören während der Fahrt deshalb in eine befestigte Tier-Transportbox oder alternativ an ein Geschirr mit stabilem Rückhaltesystem.
Darf ich im Wohnmobil während der Fahrt aufstehen?
Grundsätzlich: "Nein!"
Stehst du allerdings in einem Stau, darfst du bei absolutem Verkehrsstillstand gerne kurz nach hinten gehen. Sobald es weitergeht gelten jedoch wieder die Anschnallvorschriften für alle Fahrzeuginsassen.
Darf ich im Wohnmobil während der Fahrt schlafen?
Natürlich nicht. Im normalen Wohnmobil-Bett schon gar nicht und auch nicht "angeschnallt" auf dem Beifahrersitz, wenn dessen Lehne weit nach hinten geneigt ist. In dieser Stellung kann der Dreipunkte-Sicherheitsgurt nämlich seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Im schlimmsten Fall rutscht bei einem Crash der Schläfer unter dem Gurt heraus und kracht ins Armaturenbrett.
Was natürlich doch geht: Auf einem Sitzplatz ordnungsgemäß angeschnallt wegnicken.
Auszug aus dem Bußgeldkatalog 2022
Kurzzusammenfassung: Sind in einem Wohnmobil Gurte vorhanden, müssen diese auch genutzt werden! Aus irgendeinem – auch noch so verständlichen Grund – unangeschnallt herumzulaufen, ist untersagt. Dies beinhaltet auch das Liegen auf einem Sofa oder im Bett des Wohnmobils. Auch ein Nickerchen in einem Alkoven ist dabei nicht von der Gurtpflicht ausgenommen. Ebenso wenig ein Toilettengang oder das Schauen nach den Kindern.
Verstoß (gilt nur "während der Fahrt") | Sanktion |
---|---|
unangeschnallter Errwachsener | 30 € |
unangeschnalltes Kind | 30 € |
mehrere Kinder nicht angeschnallt | 35 € |
Kind ohne Gurt und ohne passenden Kindersitz | 60 € und 1 Punkt in Flensburg |
mehrere Kinder ohne Gurt und ohne passende Kindersitze | 70 € und 1 Punkt in Flensburg |
Ist der Aufenthalt in einem Wohnwagen/Caravan während der Fahrt gestattet?
Mama und Papa sitzen vorne im PKW und fressen Kilometer auf der Anfahrt zum Urlaubsort, hinten im Wohnwagen vergnügen sich die Kinder beim Spielen. Ein absolutes No-Go!
Der Aufenthalt in einem Caravan während der Fahrt ist grundsätzlich verboten. Selbstverständlich auch für Erwachsene.
Selbiges gilt für den Aufenthalt in Pick-up-Wohnkabinen, egal ob diese einen Durchgang zur Fahrerkabine haben oder nicht!
Anschnallpflicht im Wohnmobil im Ausland
Heute herrscht in den meisten Ländern weltweit eine Gurtpflicht. Für Kinder gelten oftmals Bestimmungen, die von den deutschen Regelungen abweichen. Informationen zu den im Reiseland geltenden Vorschriften bietet z. B. der ADAC mit seinen "Toursets" an.
Regelungen im Ausland
Land | Informationsquelle |
---|---|
Österreich | Österreichische Regierung |
Italien | Bussgeldkatalog für Italien |
Schweiz | Beratungsstelle für Unfallverhütung |
Frankreich | Explore France |
Spanien | Bussgeldrechner für Spanien |
Hinweis: Alle Informationen in diesem Artikel wurden nach bestem Wissen und Gewissen sorgfältig recherchiert. Die Redaktion kann trotzdem keinerlei Gewähr und Haftung für deren Richtigkeit und juristische Gültigkeit übernehmen. Schon deshalb nicht, weil sich die gesetzlichen Vorgaben der StVO und StVZO in verhältnismäßig kurzen Zeiträumen ändern.
Fazit
Sich während der Fahrt unangeschnallt im Wohnmobil aufzuhalten, zu welchem Zweck auch immer, ist nicht nur verboten, sondern auch lebensgefährlich. Die Alternative ist das Reiseverhalten so auf die Bedürfnisse aller Reisenden einzustellen, dass mit ausreichenden Pausen jeder auch angeschnallt die Etappe bis zur nächsten Pause sicher und bequem durchhalten kann.FAQ
Die häufigsten Fragen zum Ratgeber 'Während der Fahrt im Wohnmobil herumlaufen oder schlafen: Was ist erlaubt?'
- Darf ein Mitreisender im Wohnmobil während der Fahrt herumlaufen, um irgendwelchen Tätigkeiten nachzukommen?
Nein, das Herumlaufen im Wohnmobil während der Fahrt ist absolut verboten - immer.
- Müssen Kinder im Wohnmobil mit einem Kindersitz gesichert werden?
Ja, wenn Kinder mitfahren, die noch zu klein oder zu jung sind, um ohne Kindersitz vom Gurt ordnungsgemäß gesichert zu sein, müssen sie immer in einem Kindersitz mitfahren, der für ihr Alter und ihr Gewicht geeignet ist.
- Genügen Beckengurte auf den hinteren Sitzplätzen in einem Wohnmobil?
Unter Umständen - ja. Entscheidend ist neben dem Zulassungsdatum auch das zulässige Gesamtgewicht.
- Darf mein Hund im Wohnmobil während der Fahrt frei herumlaufen?
Nein. Ein Hund gehört in eine fixierte Transportbox oder mit einem rückhaltgebenden Geschirr angeleint. Ist das nicht der Fall, gefährdest du nicht nur deinen Hund und dich selbst, sondern möglicherweise andere Teilnehmer am Straßenverkehr.
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