Nivellieren mit Stufenkeilen

Das Wohnmobil richtig nivellieren: Damit alles ins Lot kommt und dort bleibt

Auf den ersten Blick mag es keine große Rolle spielen, ob Dein Wohnmobil "im Wasser" steht oder nicht. Erfahrene Camper investieren jedoch nicht nur viel Zeit, sondern in manchen Fällen auch sehr viel Geld, um allzeit perfekt nivelliert zu stehen. Dies geht nicht nur auf den Kontext des Schlafkomforts zurück, sondern hat wichtige technische Hintergründe. Wer diese nicht kennt, macht sich das Leben unnötig schwer und riskiert Fehlfunktionen. Der folgende Artikel stattet Dich mit dem notwendigen Wissen aus, wie Du die "Schräglage" Deines Wohnmobils misst, diese wirksam ausgleichst und somit für das perfekte Campingvergnügen gerüstet bist.

Nivellierung des Wohnmobils: Warum ist diese so wichtig?

Senkrechtlage beim Schlafen

Die meisten Camper denken jetzt wohl an den Schlafkomfort. In der Tat ist es nicht angenehm im Bett ständig auf die eine Seite zu kugeln oder mit dem unguten Gefühl einzuschlafen, dass einem das Blut in den Kopf strömt.

Nivellierung umgehen:

Wer ohne aufwändig Nivellierung zu betreiben in optimaler Ausrichtung schlafen möchte, der wählt ein Campingfahrzeug mit einem Bett der Abmessungen, die sowohl das Quer- als auch das Längsschlafen ermöglichen. So lässt sich allzeit die optimale Schlafrichtung wählen.

Kühlschränke: Probleme bei Schieflage

Ein ausbalanciertes Wohnmobil ist auch aus technischer Sicht unverzichtbar. Das gilt insbesondere für Kompressorkühlschränke. Die neueren Modelle verzeihen zwar Schräglagen von ein paar Grad, ältere jedoch nicht. Kurz: Die Kühlleistung nimmt rapide ab, je schräger das Wohnmobil steht.

“TIPP: Beim Wohnmobilkauf unbedingt nachfragen, welche "Schräglage" die verbauten Aggregate (Kühlschrank, Heizung, Boiler, etc.) vertragen.”

Nivellierungsprobleme auch im Bad

Aber auch völlig untechnische Utensilien, wie ein Topf oder eine einfache Bratpfanne, funktionieren nur noch mangelhaft, wenn das mobile Zuhause nicht austariert steht: Man denke an das einfache Braten von Spiegeleiern, wenn das Bratfett sich der Schwerkraft folgend lediglich in einer Pfannenhälfte sammelt.

Unbeachtet in Sachen "gerade Stehen" bleibt oft die Dusche. Ausgefeilte Camping-Duschwannen haben deshalb mindestens zwei Abflüsse, z. B. vorne links und hinten rechts, um ein effizientes Ablaufen des Duschwassers auch bei leichter Schräglage zu garantieren.

Wohnmobil-Schräglage feststellen

Erfahrene Camper spüren es in ihrem Sitzfleisch, ob das Wohnmobil nivelliert steht. Auch ohne technische Hilfsmittel erfühlen sie Schräglagen mit dem von Natur aus gegebenem "Popometer", das sich unseres Gleichgewichtssinns bedient.

Bevor wir uns damit befassen, wie nun eine festgestellte Missausrichtung korrigiert werden kann, sei darauf hingewiesen, dass selbstverständlich nach der erfolgten Höhen-Regulierung das erneute Nachmessen über den Erfolg der Maßnahme notwendig ist.

Wasserflasche zum Nivellieren

Gewitzte Camper, die nicht so sehr auf ihr "Popometer" vertrauen, bedienen sich einer einfachen PET-Wasserflasche, die nicht ganz voll sein sollte. Dieser Flaschentyp verfügt oft über horizontale Rillen in der Flaschenwand. Steht die Wasserflasche auf einer ebenen Fläche - der Tisch im Wohnmobil, der Boden oder die Arbeitsfläche in der Küche eignen sich besonders gut dafür - zeigt der Wasserstand in der Flasche, ob das Wohnmobil "im Wasser" steht. Die Rillen dienen dabei als horizontale Messlatte.

Wasserwaage nutzen

Wasserwaage zeigt Schräglage an

Ein weitverbreiteter Klassiker unter Campern ist ein kleines Plastikteil, in das zwei im 90°-Winkel horizontal versetzte Mini-Wasserwaagen eingebaut sind. Mit einem Blick lässt sich feststellen, ob das Wohnmobil nach vorne oder hinten, bzw. nach links oder rechts hängt. Idealerweise wird dieses einfache Messgerät auf einer absolut 100%-ebenen Fläche in Sichtweite des Fahrzeuglenkers fest eingebaut. So hat man es bei der Stellplatzeinrichtung stets im Blick, ohne das kleine Teil lange suchen zu müssen.

Den gleichen Zweck erfüllen Wasserwaagen in "Libellen-Form". Bei diesen schwimmt eine kleine Luftblase in einem runden, nach oben gewölbten Flüssigkeitsbehälter, der "Libelle". Ist die Wasserblase oben in der Mitte der Libelle, steht das Wohnmobil perfekt ausnivelliert.

Genauso effektiv funktioniert dies mit einer einfachen Wasserwaage aus dem Baumarkt. Zuerst prüft man die Neigung des Wohnmobils auf einer ebenen Fläche in Fahrtrichtung, dann im rechten Winkel versetzt dazu, oder umgekehrt.

Wasserwaagen-App nutzen:

Nicht nur Technikfreaks setzen auf Smartphone-Apps, die die Funktion einer Libellen-Wasserwaage übernehmen. Oft verfügt die vom Handyhersteller vorinstallierte Kompass-App bereits über ein solches Nivellierungstool. Das Smartphone wird dann wie eine Wasserwaage auf eine ebene Fläche im Wohnmobil gelegt und zeigt Schräglagen zuverlässig an.

Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Apps wie "Camper Tools" oder "Womo Leveler", die genau anzeigen und sogar über Lautsprecher kommunizieren, um wie viele Zentimeter welcher Reifen erhöht werden muss. Einfacher geht's nicht. Da das Smartphone sowieso immer dabei ist, hat die gute, alte Wasserwaage wohl bald ausgedient.

Das Wohnmobil nivellieren - technische Optionen von billig nach teuer

Notlösungen

Im Sand mit Mulden nivellieren

Auch Notlösungen sind Lösungen und nichts ist dauerhafter als manches Provisorium. So setzen preisbewusste und sparsame Camper auf einfache Bretter zum Unterlegen und Ausgleichen einer Wohnmobil-Schräglage. Auch (möglichst quaderförmige) Steine erfüllen diesen Zweck. Denk dabei aber bitte daran, dass der Reifen mit seiner kompletten Breite aufliegen sollte. Zum einen um diesen zu schonen, zum anderen um das Schwanken des Fahrzeugs durch Walkbewegungen des Reifengummis bei Bewegungen im Camper möglichst klein zu halten.

Beim Campen auf sandigem Untergrund geht der Praktiker den umgekehrten Weg. Statt etwas unterzulegen gräbt er eine kleine Mulde, in der dasjenige Rad zu stehen kommt, das "zu hoch" ist. Doch Vorsicht: Man sollte aus dieser Mulde am nächsten Morgen auch aus eigener Kraft wieder herausfahren können!

Auffahrkeile

So wie analoge Wasserwaagen als Messinstrument sind die Auffahrkeile die Klassiker im Campingbereich. Meist sind sie als Stufenkeile konzipiert, die wie kleine Treppen aussehen. Egal in welcher Ausführung, Auffahrkeile sind stabil und gleichzeitig leicht, da sie aus Kunststoff wabenförmig gefertigt sind. Sie können also auch einfach gereinigt werden und kosten, je nach Größe, um die 30 €.

Reifenbreite beachten:

Die Größe der Auffahrkeile bestimmt die Reifenbreite! Die Lauffläche des Reifens muss nämlich komplett auf dem Keil zum Liegen kommen. Anders ausgedrückt darf der Reifengummi seitlich nicht über den Auffahrkeil hinausstehen.

Praxistipp zum Nivellieren:

Wenn zwei benachbarte Reifen nicht um die gleiche Höhe angepasst werden müssen, legt man den Keil des Reifens, der höher stehen muss, direkt vor (oder hinter) den Reifen, während der andere Keil vor (hinter) dem Reifen, der nicht ganz so viel erhöht werden soll, in angepasstem Abstand vor (hinter) diesen gelegt wird. Das Rad wird dann beim Auffahren erst später auf den Keil zu stehen kommen und dementsprechend nicht so hoch hinauf fahren, wie das benachbarte Rad.

Hubböcke


Ebenfalls preisgünstig sind mobile, mechanische Hubböcke, die mittels Gewindeschraubentechnologie funktionieren. Vier Stück aus Kunststoff oder Aluminium gibt es schon ab ca. 50 €. Man kennt solche aus Autowerkstätten. Mittels vier Hubböcken lässt sich ein Campingfahrzeug nicht nur nivellieren, sondern auch wackel- und schwankungsfrei arretieren.

Was für den Dauercamper kein Problem ist, ist für den mobilen Camper der große Nachteil dieser Nivellierungsvariante: An ein allabendliches Unterstellen und allmorgendliches Wieder-Abbauen ist eigentlich nicht zu denken. Dazu ist die Handhabung viel zu unpraktisch. Man muss sich zumindest auf den Boden knien, wenn nicht sogar teilweise unter das Wohnmobil kriechen, um die Böcke zu positionieren. Dann beginnt noch das mühsame Hoch- oder Herunterkurbeln. Bei Nässe ist das alles andere als ein Vergnügen.

Kurbeln mit Akkuschrauber:

Manchmal sind technisch ähnliche mechanische Hubböcke in Form von Scheren-Stützen fest am Campingfahrzeug montiert. Diese werden mittels einer Kurbel auf die richtige Höhe ausgefahren. Die geht verhältnismäßig schnell und unkompliziert, besonders wenn man sich der Hilfe eines kräftigen Akkuschraubers bedient, der das Kurbeln übernimmt.

Luftkissen

Luftkissen, auf die man mit einem oder zwei Rädern fährt, werden aufgepumpt und lassen per Luftdruck die notwendige Hubhöhe zentimetergenau anpassen. Somit ist eine stufenlose Nivellierung möglich.

Das System punktet aber auch durch seine handlichen Abmessungen von 48 cm x 43 cm bei einer sympathischen Breite von nur 3 cm (zuzüglich herausstehendes Ventil). 3,5 kg Eigengewicht sprechen ebenfalls für diese Lösung, genauso wie die Einsetzbarkeit für Fahrzeuge bis zu 11 Tonnen Gewicht. Mit bis zu 6 bar aufpumpbar ergibt sich eine beeindruckende Hubhöhe von bis zu 20 cm.

Äußerst schmerzhaft ist jedoch der hohe Preis für verhältnismäßig wenig "Material" von 250 € pro Stück – und du brauchst zwei Kissen.

Wie stabil sind Luftkissen?

Die Luftkissen sind schier unkaputtbar. Die Achillesferse ist jedoch das herausragende Ventil. Dieses darfst Du keinesfalls mit Deinen Reifen überfahren, sonst ist ein Totalschaden des teuren Luftkissens vorprogrammiert.

Luftkissen befüllen:

Die Luftkissen lassen sich sportlich und energieunabhängig mit einer Handpumpe befüllen. Bequemer geht das mit einer 12 V-Elektro-Luftpumpe, wie sie serienmäßig schon oft zum Reifenreparaturset gehört. 12 V-Luftpumpen für den Autobedarf kosten im Baumarkt um die 30 €. Billigere, weil schwächere Kompressoren, wie z. B. zum Aufpumpen von Badeutensilien, funktionieren natürlich nicht oben geschilderten Zweck.

Hydraulisches Hubstützen-Nivellierungssystem

Dieses vollkommen automatisch arbeitende Hubstützensystem ist unbestritten der Königsweg in Sachen Wohnmobilnivellierung. Auf Knopfdruck fahren Hubstützen aus dem Fahrzeug-Unterboden aus. Jede Stütze in der optimalen Höhe, um das Wohnmobil in die Waagrechte zu stellen und abzustützen.

Da die Last des Fahrzeugs dann weitgehend (modellabhängig) auf den Stützen und nicht mehr auf den Reifen ruht, gehören Fahrzeugschwankungen der Vergangenheit an.

Praktischer Zusatznutzen:

Die Hubstützen lassen sich auch separat ansteuern, um das Wohnmobil z. B. nach einer Seite zu neigen, damit der Abwassertank restlos entleert werden kann. Auch das freie Anheben einzelner Räder und ein potentieller Reifenwechsel ist damit möglich.

Herzstück der Anlage ist ein Kompressor-Aggregat. Dieses setzt ein geschlossenes Öl-Hydraulik-System unter Druck. Ähnlich wie bei der Bremsanlage eines LKWs. Dieses System versorgt elektronisch gesteuert meist 4 Teleskop-Hubzylinder mit individuellem Druck. So können sowohl kleine als auch große Reisemobile höchst komfortabel nivelliert und zusätzlich abgestützt werden. Der Anwendungs-Temperaturbereich liegt bei ca. -30 °C bis +80 °C.

Gewicht & Kosten

Doch kein Licht ohne Schatten: Das System bringt einiges an Gewicht auf die Waage und braucht auch noch ausreichend Platz für den Einbau. Insofern eignet es sich nur für größere Wohnmobile der über 3,5 t-Klasse.
Selbst wenn die Gewichts- und Abmessungsfrage unproblematisch ist, überlege Dir genau, ob Du die hohen Anschaffungskosten in Kauf nehmen möchtest. 5.000 € sind ein guter Richtwert für ein einfaches Hubsystem.
Für technisch Interessierte - So funktioniert die hydraulische Nivellierung:

Die verschiedenen Systeme im Überblick

Preis € Größe /Platzbedarf Gewicht Praxis/Komfort
Notlösungen (Bretter, etc.) ⭐⭐⭐ ⭐⭐⭐ ⭐⭐⭐
Auffahrkeile ⭐⭐⭐ ⭐⭐ ⭐⭐ ⭐⭐
Hubböcke ⭐⭐⭐ ⭐⭐ ⭐⭐
Luftkissen ⭐⭐ ⭐⭐⭐ ⭐⭐⭐ ⭐⭐
Hydraulisches Hubsystem ⭐⭐⭐

Sicherheit: Leidet die Mobilität durch die Nivellierung?

Der Dauercamper darf diesen Abschnitt getrost überlesen. Wer jedoch 24/7 über höchste Mobilität, will heißen permanente Fahrbereitschaft, verfügen möchte, der sollte obenstehender Vergleichstabelle noch eine weitere Spalte mit dem Titel "Mobilität" hinzufügen.

Aus Sicherheitsaspekten heraus kann es an manchen Orten nämlich durchaus sinnvoll sein, auch in der Nacht jederzeit fluchtbereit zu sein. Bei einigen Nivellierungssystemen ist das nicht möglich, weil das Wohnmobil quasi am Boden fixiert ist (Hubböcke). Bei anderen Nivellierungslösungen (Luftkissen) bedeutet eine spontane Flucht den wahrscheinlichen Verlust teurer Ausrüstung.

Wer waagerecht stehen und zur gleichen Zeit immer abfahrbereit sein möchte, dem bleiben nur zwei Alternativen: Die eine ist überaus billig, die andere extrem teuer: alte Bretter zum Unterlegen, die getrost liegen bleiben dürfen oder ein hydraulisches Nivellierungssystem, das vom Wohnmobil-Cockpit aus eingefahren wird.

Selten, dass eine quasi 0-€-Lösung und eine 5.000-€-Lösung in einem Aspekt so nahe beieinander lagen.

Fazit


Höhennivellierung beim Wohnmobil ist nicht nur aus Komfortgründen, sondern auch aufgrund technischer Umstände notwendig. Sowohl zum Messen der Schräglage, als auch zu deren Kompensation, stehen unterschiedlichste Tools zu Verfügung, die sich in ihrer Bedienungsfreundlichkeit als auch in ihrem Preis gewaltig unterscheiden. Fakt ist, auch mit einfachsten und preisgünstigen Mitteln lässt sich ein Wohnmobil mit entsprechendem Arbeitsaufwand und Improvisationstalent ordentlich ausrichten. Wer auf üppigen Komfort Wert legt, wird – wie in allen Lebensbereichen – jedoch tief in die Tasche greifen müssen. Schlussendlich wird auch die Dauer des Campingaufenthalts an einem Ort darüber entscheiden, wie viel Präzision, welchen zeitlichen und technischen Aufwand man in Sachen Nivellierung betreiben möchte.

FAQ

Die häufigsten Fragen zum Ratgeber 'Das Wohnmobil richtig nivellieren: Damit alles ins Lot kommt und dort bleibt'

Kann ich mein Wohnmobil auch "schief" abstellen?

Klar, das kannst Du machen. Kurzzeitig und bei geringer Schräglage ist dies auch keinerlei Problem. Doch spätestens zur Schlafenszeit wünschst Du Dir ein waagrechtes Bett. Und selbst, wenn es dir persönlich egal ist: Deinem Kompressorkühlschrank und dem Ablauf Deiner Dusche aber bestimmt nicht.

Was ist die preiswerteste Nivellierungslösung?

Ein paar ausreichend breite, alte Bretter zum Unterlegen unter die Reifen.

Wie messe ich die "Schräglage" am einfachsten?

Preiswerte Wasserwagen oder entsprechende Smartphone-Apps erfüllen zuverlässig diesen Dienst.

Wann lohnt sich die Anschaffung einer automatischen Hydrauliknivellierung?

Wenn höchster Wert auf Bedienkomfort gesetzt wird, Platz zum Einbau und freie Gewichtkapazitäten zu Verfügung stehen und Dein Geldbeutel gut gefüllt ist, dann ist ein automatisches Nivelliersystem ideal für dich.

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